Sie können sich gerne mehrmals beteiligen. Diese Aktion wird sich auf Ostern hin verwandeln. Zu Karfreitag und Ostern werden die Papiertüten und die Spiegelsteine eine weitere Anwendung finden.
Henning Luther war ein evangelischer Theologe, der 1993 im Alter von 43 Jahren starb. Kurz vor seinem Tod veröffentlichte er einen Artikel mit dem Titel “Leben als Fragment”, in dem er die Sehnsucht nach der Ganzheit des Lebens als einen Mythos kritisierte. Er verstand das Leben als ein Fragment, das immer aus Vergangenheit und Zukunft besteht. Auf der einen Seite ist das Leben voller Verluste, Brüche und Schmerzen, auf der anderen Seite voller Hoffnungen und Möglichkeiten. Luther plädierte dafür, das Leben als Fragment anzunehmen und nicht dem Zwang zur Vollkommenheit zu unterliegen. Er sah in dem Fragment nicht das Gegenteil des Ganzen, sondern einen Hinweis darauf.
Eine Theologie des Fragmentarischen schenkt dem Bruchstückhaften des Lebens, den nicht heilenden Wunden, den unumkehrbaren Einschnitten des Lebens sein Recht zurück und befreit vom Zwang zur Perfektion. Ich darf unvollkommen sein, mit meinen Schwächen, Verwundungen, Grenzen, Handicaps und Halbheiten leben. Wieviel Druck könnten wir aus unserem Leben nehmen, wenn wir es schaffen würden, auch das Halbgute als wertvoll anzusehen, und unser ganzes, immer bruchstückhaft bleibendes Leben ansehnlich zu empfinden?! Wer sich selbst als unvollkommenen und fragmentarischen Menschen annehmen lernt, spürt zudem, dass er bedürftig und auf andere angewiesen ist; er lernt dabei auch andere anzunehmen, die ebenfalls nicht vollkommen und perfekt sind. Das bedürftige, verletzliche und angewiesene Wesen Mensch bildet den Gegenpol zum omnipotenten Kraftprotz, der niemand anderen braucht.
Wir sind nicht nur ein Fragment aus Vergangenheit, sondern auch ein „Fragment aus Zukunft“, wie Henning Luther ebenfalls formulierte; im Schmerz angesichts des Fragmentarischen und der Verlustgeschichten des Lebens, steckt immer auch eine Sehnsucht und Hoffnung, die über uns hinaus nach vorne in eine Zukunft weist, die es zu erspüren und zu ertasten gilt. Im Trümmerhaufen, mitten in der Ruine, mitten im Fragmentarischen, „auf der Baustelle“ des eigenen Lebens lässt sich etwas von einem Ganzen ahnen, das mit menschlichem Wollen allein nie hergestellt werden kann. Jemand oder etwas anderes fügt die Teile meines Lebens zusammen, und das daraus entstehende Neue ist „mehr“ als die Summe von Bruchteilen. Es ist mein einmaliges Leben.